Auch am nächsten Morgen waren die Straßen, die wir durchfuhren, nicht belebter als am Tag zuvor. Wir hatten in Süd-Afrika ein Museumsort kennengelernt, daran erinnerte uns Port Fairy. Die Gärten waren zwar wunderschön hergerichtet, aber hinter den Fenstern oder in den Straßen gab es kaum Leben.
Nach dem Frühstück suchten wir bereits zum dritten Mal die Chemistry-Abteilung in einem Supermarkt auf. Erst hatte ich Kratzen im Hals, dann folgte Thomas. Doch bei ihm ist es inzwischen mehr. Husten und Schnupfen sind dazu gekommen. Mit neuen Medikamenten bewaffnet fuhren wir erst einmal fast in die entgegengesetzte Richtung zu unserem neuen Zielort. Portland wollten wir kurz besichtigen, weil die Strecke von Port Fairy nach Dunkeld betrug nur 100 km. So wären wir viel zu früh in der Aquila Lodge angekommen und Dunkeld war ein noch kleinerer Ort und hatte nur eine Attraktion, doch zu der komme ich noch.
Der Hafen von Portland ist schön angelegt. Dort angesiedelt ist neben Wein, Fisch, Tourismus ein weiterer Wirtschaftszweig von Victoria, der Holzhandel. Unterwegs haben wir immer wieder gesehen, wie ganze Waldabschnitte gerodet wurden. Auch begegneten uns des Öfteren mit Baumstämmen beladene Lastwagen natürlich hinten dran ein ebenso großer Anhänger, wie das hier in Australien so üblich ist. Nach einem Spaziergang durch die Grünanlagen mit Blick auf den Hafen setzten wir unsere Fahrt fort.
Auf der Fahrt sahen wir in der Ferne 3 Berggipfel, ohne zu wissen, dass Dunkeld am Fuß dieser Bergkette liegt. Die Aquila Eco Lodges liegen in Nachbarschaft zum Grampians-Nationalpark. Als 1836 Thomas Mitchell als einer der ersten Europäer in die wilde Bergwelt kam, fühlte er sich an die Grampian Mountains in seiner schottischen Heimat erinnert. Zuvor war das Gebiet seit mindestens 22.000 Jahren von Aboroigines bewohnt gewesen. Heute ist wegen der landschaftlichen Schönheit des Gebirges ein Areal von 1700 Quadratkilometern zum Nationalpark erhoben worden. Wanderwege führen zu Wasserfällen und atemberaubenden Aussichtspunkten. Unterwegs sollen Kängurus und zahlreiche Pflanzenarten zu sehen sein und so waren unsere Erwartungen groß auch endlich lebende Kängurus in freier Wildbahn zusehen.
Bereits als wir zur den Aquila Eco Lodges einbogen, sahen wir welche mitten auf dem Fahrweg und sie hatten es nicht eilig, beiseite zu gehen. Am Haupthaus angekommen begrüßte uns der Besitzer und führte uns hinters Haus zur Futterstelle, an der sich Kängurus und Wallabies tummelten. Dann holte er Mandeln aus seiner Tasche, drückte mir eine Handvoll in die Hand und schon hatte ich ein Wallaby neben mir, dass unbedingt die Mandeln haben wollte.
Vier Lodges gibt es in Aquila (übersetzt heißt es Adler) zu mieten und wir wohnten in Nummer 3. Wir waren begeistert von unserer Lodge, bot sie doch nach drei Seiten mit großen Fenstern Ausblicke in die Wildnis. Das Schlafzimmer befand sich eine Etage höher auf einer Galerie und hatte ebenfalls ein großes Fenster gegenüber des Betts.
Nachdem wir das Gepäck ausgeladen hatten, gab es ein kleines Päuschen auf den gepolsterten Sitzbänken in der Nähe des Kaminofens. Leider hatten wir immer noch schlechtes Wetter und die Temperaturen tagsüber 16 °C und nachts 6 °C waren auch nicht gerade frühsommerlich.
Während wir einen Spaziergang durch den Wald machten, in dem die Lodges lagen, besorgten uns unsere Vermieter Steaks und Kartoffeln aus dem etwas weiter entfernten Hamilton. Kängurus und Wallabies sahen wir auf dem Spaziergang genügend, doch die waren keineswegs so zutraulich. Das unser Wagen im Kofferraum extra eine Halterung für Weinflaschen hat, haben wir per Zufall bei dem Besuch in der Käsefabrik festgestellt. Von dort hatten wir uns auch Merlot und Cabernet Sauvignon mitgebracht. Wir genossen unser selbst hergestelltes Abendessen.
Am nächsten Morgen wurde uns ein Verwöhnfrühstück in die Lodge gebracht, zwar mussten wir uns das Omelett selbst zubereiten, doch dafür waren alle Zutaten mit auf dem Tablett. Warme Brötchen und selbst gemachten Yoghurt mit Waldfrüchten und Aquila-Honig rundeten das Frühstück ab.
Leider ging es Thomas erkältungsmäßig immer noch nicht besser und so machten wir am frühen Nachmittag mit dem Auto einen Ausflug zu den MacKenzie Falls. Hier sahen wir vermehrt Grasbüschel, die immer höher wuchsen, so dass sich immer mehr ein Stamm bildete. Kangoroo Tails ist der Name der Pflanze. Die Blüte, die wie eine Kerze in den Himmel ragt, entwickelt sich nur, nach dem die Pflanze „durchs Feuer“ gegangen ist. Wenn die Blüte dann verblüht ist, erschlafft sie und sieht dann aus wie ein Känguruschwanz.
Für den Abend hatte Thomas einen Tisch im dem berühmten Restaurant in Dunkeld reserviert. Das preisgekrönte Parker Street Project gehört einem Gourmet und Multimillionär, der seine Jugend in Dunkeld verbracht hat. Der Sternekoch verwendet für das Essen viele Zutaten aus dem eigenen Kräuter- und Gemüsegarten. Dress-Code ist smart casual. Das Menü, das aus mindestens sieben Gängen bestand, war lecker bis überraschend. Fantastisch war jedoch das Rinderfilet an Sauce Bearnaise und Parker Street Schokoladenplatte als Nachtisch.
Schwer fiel es uns am nächsten Morgen, nach einem erneuten Verwöhnfrühstück die Lodge aufzugeben. Wir werden es nie vergessen, wie schön es war die Kängurus vom Fenster aus beobachten zu können. Immer wieder z. B. kam ein Wallaby mit Nachwuchs direkt vor die Fenster der Lodge, sie zupften Blätter von den Büschen. Es war toll, dem Kleinen, dass den Beutel der Mutter, schon vor ein paar Wochen verlassen hatte, beim Spielen zuzusehen. Manchmal jagte es einfach nur durch die Büsche, ein anderes Mal neckte es seine Mutter und dann sah es so aus als würden die beiden Fangen spielen. Wenig später saßen sie dann auf einer der Lichtungen und putzten sich.