Taipei ist die Hauptstadt der 1911 gegründeten und von nur wenigen Staaten anerkannten Republik China Taiwan, das seine eigenen kleinen Reize bietet. Die portugiesischen Seefahrer nannten die Insel „Formosa“ (schön) und haben damit nicht übertrieben. Bis über 3000 m erheben sich die Berge Taiwans, dazwischen liegen Täler und Schluchten. Die wenigen Ebenen werden von breiten Flussbetten durchzogen, die sich während der gefürchteten Taifune in nur wenigen Stunden komplett füllen. Neben den chinesischen Einwanderern aus verschiedenen Zeiten leben hier noch einige wenige Nachfahren der malayo-polynesischen Urbevölkerung, die in den letzten Jahren begonnen haben, wieder ihre kulturellen Besonderheiten zu betonen. (© wikivoyage)
Tag 1
Gerade sitze ich in unserem Hotelzimmer in Taipei und schaue durch das Panoramafenster im neunten Stockwerk. Runter auf die Stadt kann ich nicht sagen, da gleich gegenüber ein mindest genauso hohes Wohngebäude wie unser Hotel steht. So geht es weiter, hier ein hohes Gebäude und dort ein hohes. Gefüllt sind die Zwischenräume mit vielen zwischen vier und sieben geschossigen Häusern. Meistens verdecken Blechdächer derren Dachterrassen, doch ab und zu sind auch Pflanzen aufgestellt. Der Ausblick passt zu dem trüben Wetter, das uns ja auch vorausgesagt worden war. Dunstwolken liegen über der Stadt und begrenzen den Ausblick.
Gestern Morgen hatten wir das verregnete Seoul verlassen. Den dreistündigen Flug über den Wolken habe ich großteils verschlafen. In der Businessclass wurde ein leckeres Menü gereicht, darauf habe ich verzichtet. Zuviel hatte ich zuvor in Seoul in der Lounge der Asiana Airlines ausprobiert. Wir waren ein Stück mit der Zeit geflogen, der Zeitunterschied zu daheim beträgt jetzt nur noch -7 Stunden.
Im Flughafen Taiwan Taoyuan, der ebenfalls entfernt an der Küste liegt, war viel los, doch wir fanden uns zurecht. Thomas hatte sich wieder gut vorbereitet. Auch hier mussten wir uns Bargeld besorgen, um unsere Karte für die Fahrten mit U-Bahn aufladen zu können. Anders geht es wohl nur als Einheimischer.
Wir gelangten mit dem Schnellzug zum Hauptbahnhof Taipei und mussten dort in die Bannan Line umsteigen, um in die Nähe unseres Hotels zu kommen. Wie in Seoul war es schwierig, die kurz aufblitzenden englischen Informationen zwischen den chinesischen auf den grell-aufleuchtenden Leuchttafeln zu erhaschen.
Auch die Ausschilderung könnte meiner Ansicht nach noch verbessert werden und dabei gibt es schon so viele Schilder. Fahrstühle oder Rolltreppen sind zum Ende unserer Strecke hin leider auch nicht mehr vorhanden. Also galt es die Koffer aus den Tiefen der U-Bahn über Treppen an die Oberfläche zu bringen.
Das Einchecken im Hotel Caesar Metro verlief zügig. Das 30-stöckige Gebäude hat sechs Fahrstühle, doch leider nur drei davon fahren unser Stockwerk an. Die überfüllten Aufzüge schob ich gestern auf die An- bzw. Abreise. Doch heute Morgen, als wir zum Frühstück wollten, wurde klar, das ist immer so.
Ein ungewohntes Frühstücksbüffet erwartete uns, mit Bekanntem aber hauptsächlich Unbekanntem. An letzteres habe ich mich im Gegensatz zu Thomas noch nicht herangetraut. Gesalzene Butter, wenn auch nur gering, aus Oldenburg(Oldg.) war eine Überraschung. Oatmeal und Porridge gehörten ebenfalls zum Angebot.
Nach dem Frühstück starteten wir unsere Besichtigungstour mit einem Spaziergang durch die Nachbarschaft. Falls ich es noch nicht erwähnt habe, Scooter beherrschen hier ebenfalls den städtischen Verkehr und parken überall, es ist aber nicht so schlimm wie in Vietnam. Unsere U-Bahn-Station trägt den Namen des Mengjia-Longshan-Tempels. Auf dem Weg zu ihm kamen wir an einigen kleineren Tempeln, die sich in die Häuserfassade einreihten, vorbei.
Während der Qing-Dynastie wanderten viele Han-Chinesen aus Fujian und Guangdong nach Taiwan ein. Wegen des gefährlichen Weges und der Schiffspassage über die Taiwan-Straße nahmen sie ihre Volksreligion wie einen Schutz mit nach Taiwan und errichteten dort Tempel nach heimatlichem Vorbild. Der Longshan-Tempel ist dafür ein gutes Beispiel. Nach einem Erdbeben im Jahre 1815 und einem Taifun von 1867 wurden Reparaturen durchgeführt. Die Reparatur eines Termitenschadens ermöglichte 1919 ein buddhistischer Mönch mit seinen Ersparnissen. So blieb der Tempel bis heute erhalten. 1945 wurde seine Haupthalle zerstört, die Statue Kuan Yins wurde jedoch nicht beschädigt. (© wikipedia)
Der Longshan-Tempel war der erste Tempel in Taiwan, der mit Glocken- und Trommeltürmen und bronzenen Drachensäulen gebaut wurde und die Integration buddhistischer, taoistischer und konfuzianischer Überzeugungen in die taiwanesische Volksreligion veranschaulicht. Er verkörpert mit hundert weiteren Stätten in Taiwan die Geschichte der frühen taiwanesischen Siedler und veranschaulicht sowohl die Vielfalt als auch die religiöse Landschaft der Insel.
Nach seiner Besichtigung schlenderten wir an den vielen Läden vorbei. Verhungern würden wir nicht, auch wenn es mich zumindest einigen Mut kosten würde, das eine oder andere an der Straße zubereitete zu essen. Ein besonderes Café hatte es Thomas angetan, der frischgebrühte Filterkaffee war sehr schmackhaft.
Im Caesar Metro haben wir uns nach unserer Rückkehr den Swimmingpool im achten Stockwerk angesehen. Hier sind Badekappen noch Pflicht. Der Pool ist nicht überdacht und uns war die Außentemperatur zu niedrig um hier ein paar Bahnen zu ziehen.
Regen verpasste uns eine Ausgangsperre und so hatte ich schon einmal Zeit, diese Zeilen zu schreiben.
Am Abend gönnten wir uns in unserem Hotel das Buffet, wieder mit dem Hintergedanken, die einheimischen Speisen kennenzulernen. Deutsche Bratwurst und Scheiterhaufen, französische Cremesuppe, japanisches Essen wie z. B. Sushi und Oktopus-Salat, sowie thailändische Gerichte. Wieder ist unser Konzept nicht aufgegangen.
Tag 2
Beim Frühstück sahen wir z. B. den „Ofenschlupfer“ von gestern Abend wieder. Auch Scheiben von einer riesigen Rinderkeule konnte man bekommen. So deftige Gerichte mag ich zum Frühstück nicht.
Der Dunst lag heute noch tiefer über der Stadt und so verließen wir erst gegen Mittag unser Hotelzimmer. Für die Fahrt auf die Aussichtsplattform des Taipeh Financial Center, allgemein nur Taipei 101 genannt, war heute nicht das richtige Wetter. Da aber erst am kommenden Sonntag sich das Wetter ändern soll, wir dann schon wieder weiterziehen, sind wir doch ins Stadtzentrum gefahren.
Taiwan ist eine der aktivsten Erdbebenregionen der Welt. Außerdem rasen jährlich bis zu neun Taifune über den Inselstaat. Der Tower ist einem Bambusrohr nachempfunden. Zwischen dem 88. und 92. Stockwerk befindet sich eine 660 Tonnen schwere Stahlkugel, mit einem Durchmesser von 5,5 Metern. Mit ihren ölhydraulischen Dämpfungselementen halbiert sie die maximale Beschleunigung bei Stürmen um die Hälfte.
Der Taipei 101, benannt nach seinen 101 Stockwerken, war der höchste Wolkenkratzer der Welt, bis er Anfang 2007 vom Burj Khalifa abgelöst wurde. Mit 508 Metern überragt er die Skyline der Hauptstadt. Am Fuße des Wolkenkratzers befindet sich das größte Einkaufszentrum des Landes. Besucher werden mit Aufzügen über diesem auf die Aussichtsplattform befördert. Die Aufzüge erreichen dabei 60 km/h.
Die Aussicht über die Stadt war besser als erwartet, doch sie verschlechterte sich weiterhin. Nur über Treppen gelangt man von der Aussichtsplattform in das 91. Stockwerk. Doch wegen des schlechten Wetters, war die Außenplattform gesperrt. Für die Fahrt nach unten muss man ebenfalls über diese Treppen ins 88. Stockwerk.
Wir schlenderten in den unteren fünf Stockwerken an den Filialen berühmter Marken vorbei. Die Kreditkarte wurde von uns nicht benötigt. Anschließend wollten noch ein wenig durch die Straßen bummeln. Das Wetter hatte sich jedoch weiter verschlechtert und blieb uns nichts anderes übrig, als zum Hotel zurückzufahren.
Bevor wir am Hauptbahnhof von der roten U-Bahn-Linie in die blaue umstiegen, schauten wir uns dort noch ein bisschen um. Auch hier war ein Spaziergang an der frischen Luft wegen des Nieselregens nicht reizvoll.
Als wir am Abend für etwas Essbares das Hotel verließen, war es draußen trocken. In der Nachbarschaft zu unserem Hotel verspeisten wir in einem der vielen kleinen Restaurants Nudelgerichte. Danach zogen wir ziellos weiter. In der Nähe des Mengjia-Longshan-Tempels schlenderten wir über einen Nachtmarkt. Nachdem wir zuvor ihrer Zubereitung zugeschaut hatten, gönnten wir uns zum Abschluss eine Honigwaffel.
Tag 3
Auch heute Morgen wurde es nicht richtig hell. Der Blick aus dem Fenster zeigte wieder die gleichen Dunstwolken wie gestern. Das Gleiche beim Frühstücksbuffet, wieder mit Ofenschlupfer in den Tag starten? Thomas hat sich Salat auf den Teller geladen, dazu konnte ich mich auch nicht durchringen. Obst, Toast mit Marmelade und Yoghurt, das sollte reichen.
Wieder auf dem Zimmer durchforschten wir das Internet nach einem Ziel für heute. Bei Nieselregen sind die Parks, die Flussufer und interessanten Gebäude nicht so ideal. Museen, Gedenkstätten und Ausstellungen machen nur Sinn, wenn man die erklärenden Texte lesen kann. Mit dem Handy diese übersetzen zu lassen ist nicht optimal und was dabei heraus kommt, eher unterhaltsam als richtig. Aber ich wollte nicht auf dem Zimmer bleiben und so brachen wir auf zum 228 Friedensdenkmalpark. Es war nur eine Station mit der U-Bahn.
Dieser Park war ursprünglich Anfang des vorigen Jahrhunderts während der japanischen Kolonialzeit angelegt worden. Ab 1930 gab es hier einen Radiosender, der zuerst zu Propagandazwecken genutzt wurde. Nach der Rückgabe Taiwans an die Republik China im Jahre 1945 wurde er in Taipei New Park umbenannt. Zum Zwischenfall vom 28. Februar gehört auch die Besetzung dieses Radiosenders durch Demonstranten. Die damit 1947 gegen das brutale Vorgehen der Polizei gegen die Zivilbevölkerung protestierten. Als Taiwan in den 90er des letzten Jahrhunderts sich in eine moderne Demokratie wandelte, entstand an der Stelle des Radiosenders das Taipei 228 Memorial Museum.
Ein Teil der Inschrift an dem ebenfalls in dem Park befindlichen 228 Denkmal lautet: […] Von nun an müssen wir eins sein, ganz gleich, zu welcher gesellschaftlichen Gruppe wir gehören; wir müssen einander mit Mitgefühl helfen und aufrichtig miteinander umgehen; wir müssen Hass und Groll auflösen und dauerhaften Frieden schaffen. Möge der Himmel Taiwan segnen und es immergrün erhalten.
Der Park heißt seitdem 228 Peace Memorial Park.
Während wir uns den Park und das Denkmal anschauten, kam die Sonne heraus, was für eine Freude. Wir verließen den Park in Richtung Ximengding, um zu unserer U-Bahnstation zu gelangen.
Auf dem Weg dorthin kamen wir am Presidential Office Building vorbei. Das Präsidentenbürogebäude ist der Arbeitsplatz des Präsidenten der Republik China auf Taiwan. Im Barockstil erbaut ist es ein berühmtes historisches Wahrzeichen von Taipei.
In direkter Nachbarschaft zur U-Bahn-Station befindet sich The Red House. Das rote Ziegelhaus war einst ein Theater und beherbergt heute diverse Läden mit moderner Kunst.
Ximengding ist der Vergnügungsort in Taipeh. Hier treffen sich die jungen Leute nach der Schule oder Uni. Es gibt Unmengen an Shops, Kinos, Restaurants und Bars. Am Abend und am Wochenende ist besonders viel los. Hier werden sehr oft neue CDs, Filme und Produkte in Anwesenheit der Stars vorgestellt.
Wir sind doch zu Fuß zum Hotel zurückgekehrt. Unterwegs suchten wir Restaurationen, die uns geeignet für das Abendessen schienen.
Im Hotel war die Hölle los, eine Unmenge an Jugendlichen wurden von drei Erwachsenen durch das Foyer gesteuert. Nichts wie weg, sagten wir uns.
Thomas wollte nicht nochmal nach Ximending laufen, wie gut, dass die U-Bahn auch dahin fährt. Dort ließen wir uns auf der Suche nach dem richtigen Restaurant im Strom der Menschen treiben. Es wurde dieses Mal wieder Sushi. Nach dem Essen hatten wir den Eindruck, dass es noch mehr Menschen geworden waren. In der Mitte einer Kreuzung balancierten Artisten auf Stühlen. Hier kam kein Auto mehr durch.
Als wir das Hotel erreichten, stiegen wieder Jugendliche aus zwei Bussen und reihten sich vor den Aufzügen auf. Irgendwann hatten auch wir unser Zimmer erreicht.
Tag 4
Das war zu erwarten, dass die Jugendlichen den Frühstückssaal „überschwemmten“. Sie mussten jedoch früher aufstehen als wir, denn bereits eine Viertelstunde später waren alle verschwunden. Gut achtzig Prozent der Tische war wieder frei. Das Frühstück wird bei gleichem Angebot langsam langweilig, es wird Zeit, dass wir weiterziehen.
Das Wetter bot uns die Gelegenheit, eine uns bisher unbekannte App auszuprobieren. In der ersten Woche ist die Nutzung kostenlos, leider gilt dieses Angebot nur für hier Ansässige. Die Rede ist von einer App, mit der man Regenschirme ausleihen kann. Die „Ausgabeautomaten“ hatten wir, wie anfangs erwähnt, bereits in den U-Bahnstationen bemerkt. Die App war schnell installiert, die Abrechnung erfolgt für uns mit Apple Pay. Abgerechnet wird wie bei den E-Scootern stündlich mit einer Tagesobergrenze. Vertragsende erfolgt durch das Einhängen des Schirms in einem der Automaten.
Heute regnete es nur einmal und das war den ganzen Tag; das ist zwar nicht ganz richtig, doch die Pausen dauerten immer nur wenige Minuten. Auch ohne Regenschirm hätten wir unsere beiden Programmpunkte heute abgearbeitet, doch so wahr es doch viel angenehmer.
Die U-Bahn brachte uns zuerst in die Nähe der Nationalen Chiang-Kai-shek-Gedächtnishalle. Wir hatten noch auf dem Zimmer durchgesprochen, was wir machen. Hätten sich andere Möglichkeiten angeboten, wären diese von uns nicht in Erwägung gezogen worden. Da hätten wir bei der Gedächtnishalle ganz schön was verpasst.
Das oktogonale Dach ist 70 m über der Erde und mit blau glasierten Glasziegeln gedeckt. Das Gebäude darunter hat einen quadratischen Grundriss. Der weiß-blaue Stil des Gebäudes mit den roten Blumenbeeten steht für die Farben der Flagge der Republik China.
In obersten Stockwerk befindet sich die bronzene Statue von Chiang Kai-shek, dem langjährigen Präsidenten und obersten Militärbefehlshaber der Republik China. Der Name der Gedenkhalle wurde auf Antrag von Parlamentsmitgliedern am 19. Mai 2007 von Präsident Chen Shui-bian in Nationale Taiwan-Demokratie-Gedenkhalle geändert. In seiner Rede sagte Chen, die Umbenennung zeige das Verlangen der Bürger, Abschied vom alten Zeitalter zu nehmen und dass alle Taiwaner hinter den universellen Werten Freiheit, Demokratie und Menschenrechte stehen wollen. Chiang Kai-sheks war verantwortlich für Menschenrechtsverletzungen während seiner Amtszeit, insbesondere für den Zwischenfall vom 28. Februar. Nach dem Wahlsieg der Kuomintang machte der Exekutiv-Yuan am 21. August 2008 den Beschluss zur Namensänderung wieder rückgängig.
Als wir die Gedächtnishalle verließen, wurde von den Wachsoldaten, die hier Ehrenwache halten, eine Wachablösung durchgeführt. Diese Zeremonie ist bei Touristen sehr beliebt.
Wir verließen die Gedenkstätte über dessen Park in Richtung Haupttor. Neben diesem befindet sich noch mit auf dem Gelände auf der einen Seite die Nationale Konzerthalle und auf der anderen Seite das Nationaltheater.
Die Gedächtnishalle hatte mich beeindruckt und so freute ich mich auf unser nächstes Ziel, die Sun-Yat-sen-Gedächtnishalle. Auch hier lag die U-Bahn-Station nicht weit davon entfernt. Trotzdem brauchten wir die Regenschirme, denn der Regen war wieder stärker geworden. Leider ist die Gedächtnishalle komplett abgesperrt und die Anfang dieses Jahres gestarteten Renovierungsarbeiten werden erst 2026 beendet sein.
Uns kam das unweit-entfernte Dreamers Coffee Roasters gerade recht. Die Pause hatten wir uns verdient. Nach Kaffee und Croissant zogen wir uns auf unser Hotelzimmer zurück. Das Zimmer verließen wir nur, um im selben Gebäude im Jia Yan, einem edleren chinesischen Restaurant zu Abend zu essen. Für heute hatten wir genug vom Regen.
Tag 5
Obwohl wir zu der Zeit zum Frühstück gingen, als der Saal gestern fast leer war, fanden wir erst nach mehreren Runden einen freien Tisch. Satt geworden sind aber ohne Probleme.
Die „Wetterfrösche“ hatten uns einen trockenen Tag versprochen und so ist es auch geblieben. Wir sind heute spät gestartet und so erreichten wir erst nach Mittag das Flussufer des Tamsiu-Flusses, der auch als Grenze zwischen der alten und der neuen Stadt (Shin-Taipeh) dient. Wir spazierten durch den Longshan-Riverside-Park. Der erstreckt sich über eine Fläche von etwa zwölf Hektar, wird von großen Bäumen beschattet und liegt in der Nähe des Wasservogelschutzgebiets, Wasserpflanzen und Schilf bieten Zugvögeln, Gänsen und Enten Schutz.
Danach bummelten wir durch die Straßen und fanden kleine Läden, die sehr schönes aber auch hochpreisiges Teegeschirr anboten. Gott sei Dank sind unsere Mitnahmemöglichkeiten begrenzt.
Thomas hatte auch wieder ein Café der besonderen Art im Visier, das er zielstrebig ansteuerte.
Die anderen Ziele waren weiter weg. Um diese zu erreichen wechselten wir mehrmals die U-Bahn-Linien, saßen eine längere Zeit in einem Schnellzug, Busse sahen wir ebenfalls von innen. Auf den Anzeigetafeln leuchten immer nur kurz die englischen Informationen auf, ansonsten sah ich ständig chinesische Schriftzeichen in neonrot, -gelb und -grün. Besonders bei den Bussen verlangt es ein hohes Grad an Konzentration, da mehrere gleichzeitig die Haltestation anfahren. Hält keiner der Wartenden den Arm ‚raus fährt der Bus an der Haltestelle vorbei. Alle Verkehrsmittel werden mit der aufladbaren Karte bezahlt, das ist wirklich eine Erleichterung.
Das Nationale Palastmuseum liegt am nördlichen Stadtrand Taipehs. Es beherbergt die weltweit größte Sammlung chinesischer Kunstwerke, die die 8000-jährige Geschichte Chinas umspannt. Die meisten Objekte waren Teil der kaiserlichen Sammlung, mit der in der frühen Sung-Zeit vor über eintausend Jahren begonnen wurde. Nur die besten Stücke aus dieser Sammlung werden hier in Taiwan aufbewahrt. Dieser Schatz ist dennoch zu umfangreich, um auf einmal ausgestellt werden zu können. Ein Großteil der Sammlung wird regelmäßig ausgetauscht, sodass jeder Besuch ein einmaliges Erlebnis ist.
Am Museum tummelten sich viele Besucher. Unser Interesse galt nur dem Bauwerk. Der Bus hatte direkt unterhalb der großen Aussichtsterrasse seine Haltestelle. Fahrstühle gab es keine und bestimmte Wege waren nur Rollstuhlfahrern erlaubt. Für uns hieß das somit treppauf und treppab.
Eine andere Buslinie brachte uns zu einer U-Bahn-Station, mit der roten Linie gelangten wir in die Nähe des Konfuziustempels. Wir waren auf dem Gelände fast ganz alleine und konnten die Hallen in Ruhe und ohne Behinderung besichtigen. Nur die einsetzende Abenddämmerung sorgte an diesem bedeckten Tag für noch weniger Licht und begrenzte damit unsere Besuchszeit.
Der Tempel ehrt Konfuzius als den größten Philosophen und Lehrer aller Zeiten, sowie einige andere Philosophen. Konfuzius schätzte Schlichtheit, und diese ist auch hier das dominierende Merkmal. Im Altertum gab es in Konfuzius Tempeln Bilder des Heiligen, unterschiedliche Handwerker stellten diesen auf verschiedene Art und Weise dar. Das Fehlen von Einheitlichkeit erzürnte den Kaiser Tai Tsu der Ming-Dynastie. Er untersagte per Dekret Bilder und erlaubte nur noch Gedenktafeln.
Auf dem Dach der Haupthalle kann man in der Mitte des Daches ein Paar aufrechte Zylinder sehen. Diese werden „Balken zum Verstecken von Büchern“ genannt. Im Altertum wollte der erste Kaiser der Chin Dynastie sein Volk unwissend halten und damit verhindern, dass es seine Regentschaft nicht infrage stellt. Er ließ Bücher verbrennen und Gelehrte töten. Um ihre geliebten Bücher zu retten, versteckten Studenten sie in Kamin ähnlichen Behältern im Dach. Konfuzius-Tempel erinnern damit an die Liebe dieser Studenten zum Lernen.
Auf dem Rückweg zur U-Bahn holten wir uns in einer Bäckerei eine kleine Stärkung: süßes Brötchen, belegt mit Wurst, Käse und Spiegelei. Ungewöhnlich, doch es schmeckte nicht schlecht.
Es war bereits dunkel, als wir die überfüllte U-Bahn verließen, um zu unserem Hotel zu gelangen. Auch hier war auf den Straßen die Hölle los. Nicht verwunderlich, es ist ja schließlich Freitag Abend und der Besuch eines Nachtmarktes ist auch bei den Einheimischen besonders am Wochenende sehr beliebt. Sehenswerte Nachtmärkte in Taipei sind z.B. der Huasi, der Raohe sowie der Shihlin.
Tag 6
Die Sonne begrüßte uns am Morgen. Es blieb bis in die Nacht trocken, die Sonne war jedoch bald wieder hinter einer dichten Wolkendecke verschwunden und blitzte nur ab und zu hervor.
Auch heute gingen wir zu einer anderen Zeit zum Frühstück. Kleine Schlange am Eingang und schon einmal ein bisschen Frühsport bei der Suche nach einem freien Tisch. Fünfzehn Minuten später war es wieder leer um uns herum.
Der Botanische Garten stand heute auf dem Programm. Das Drittel einer Stunde brauchten wir, um dorthin zu gehen. Vor den Mauern des Gartens stand schon schöne alte Bäume auf den Gehweg, darunter auch ein Eukalyptus. Den Stamm konnte ich nicht mehr umfassen.
Drinnen überraschte mich die Anlage. Auf dem Plan sind viele kleine Rundwege innerhalb der Themengärten aufgezeigt. Die sind allesamt gesperrt. Auch die Treibhäuser durfte man nur von außen besichtigen. Doch die Überraschung war eine andere, hier waren nur die Wege sauber und gepflegt. In der Anlage selbst, unter den Bäumen und Palmen, Sträuchern, Kakteen usw. hat man das abgestorbene liegen gelassen. Ja sogar Baumstämme lagen hier und da. Was sehr unaufgeräumt aussieht, findet meine volle Untersützung. Schließlich gehört auch das zum natürlichen Zyklus.
Taipeh, im Norden von Taiwan gelegen, befindet sich in der subtropischen Klimazone. Ich habe extra noch einmal nachgesehen, weil ich mich nicht des Eindrucks erwehren konnte, dass es hier Jahreszeiten gibt. Die vielen Lotuspflanzen in dem großen Teich waren „abrasiert“. Für mich war es so nicht schwer, die kleinen Wasserschildkröten auf einem Stein zu entdecken. Der Garten ist in sich wunderschön, nur eben zu unserer Zeit waren blühende Pflanzen und Schmettelinge die Ausnahmen. Dafür konnten seltene Vögel entdeckt werden. Schwärme an Fotografen rannten von einer Baumgruppe zur nächsten. Vermutlich um das Bild ihres Lebens zu machen.
Auf dem Rückweg gab in einem sehr kleinen Café noch zwei Latte. Klein in jeder Hinsicht: Wir mussten aufpassen, dass wir uns nicht den Kopf anstießen, die sechs Sitzplätze waren ebenfalls sehr niedrig und schmal.
Es war bereits nach acht Uhr am Samstagabend und in der Innenstadt um den Taipei 101 tobte der Bär. Vieles war hier in eine weihnachtliche Lichterflut getaucht und Massen an Menschen bewegten sich in alle Richtungen. Auch standen sie in großen Gruppen um die vielen Liveacts herum, von denen es auch eine Unmenge gab.
Auf der Suche nach einem geeigneten Restaurant wollten wir schon aufgeben und hungrig ins Bett gehen. In den vielen Malls waren überall lange Schlangen, die uns schon am Bestellen hinderten. Oftmals hätte man sich dann auch noch einen Sitzplatz suchen müssen, was auch eher eine Glücksache war. Bei einem Japaner, dem Karen Teppanyaki, gab es dann doch für uns ein Gericht mit Rinderfilet, vor uns auf der heißen Platte zubereitet. Für die abschließenden zwei Kugeln Eis mussten wir dann wieder länger anstehen. Satt und zufrieden und um einige Erlebnisse reicher fielen wir ins Bett.